Ob im Besuchsdienst einer Kirchengemeinde, als Teamer*innen in der kirchlichen Jugendarbeit, bei der Unterstützung Geflüchteter, in einer Gruppe kirchlich Engagierter, die sich gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Gruppen an einem Aktionstag zum Klimaschutz beteiligt, als Mitglied eines Leitungsorgans vom Kirchenvorstand bis zur Landessynode, als Prädikant*in im Verkündigungsdienst oder als Mitglied eines Posaunenchores: In einer bunten Vielfalt unterschiedlicher Formen des Engagements bringen sich Menschen mit ihrer Zeit, ihrer Erfahrung und ihren Ideen in unserer Kirche in die Arbeit für andere und mit anderen ein.
Der Entwurf eines Ehrenamtsgesetzes enthält erstmals eine Zusammenfassung der rechtlichen Grundlagen für die ehrenamtliche Mitarbeit in der Landeskirche. Ziel des Gesetzentwurfes ist es, attraktive Arbeitsbedingungen für das sich verändernde ehrenamtliche Engagement in einer sich verändernden Kirche zu ermöglichen und diese Arbeitsbedingungen in ausreichendem Maß rechtlich und organisatorisch abzusichern. Gleichzeitig soll der Gesetzentwurf Räume für künftige Entwicklungen öffnen und nicht zu viel regulieren.
Aufbauend auf Vorarbeiten der 25. Landessynode und auf den wesentlichen Aussagen der 12 Standards für das Ehrenamt wurde der Gesetzentwurf entsprechend den landeskirchlichen Grundsätzen für die Gestaltung von Beteiligungsverfahren vom 28. November 2019 (Kirchl. Amtsbl. 2020, S. 56) seit Februar 2021 von einer Arbeitsgruppe erarbeitet, der unter Federführung der Landespastorin für Ehrenamtliche zwei Vertreter*innen aus dem Referat für Kirchenentwicklung und Visitation sowie der Rechtsabteilung des Landeskirchenamtes, drei Mitglieder des Ausschusses für kirchliche Mitarbeit der Landessynode und der Studienleiter für Theologie und Ethik aus der Evangelischen Akademie Loccum angehörten. Wesentliche Meilensteine auf dem Weg zu zum fertigen Gesetzentwurf waren zwei Fachtagungen:
- die Tagung „Freiwilliges und berufliches Engagement in der Kirche von morgen“ vom 08. - 09. Juli 2022 in der Evangelischen Akademie Loccum, die mit 60 Teilnehmenden die wachsende Bedeutung des Ehrenamtes in der Kirche von morgen näher untersuchen und Herausforderungen identifizieren sollte, die sich aus dieser Situation ergeben, und
- der Fachtag Ehrenamt am 22. September 2023 im Stephansstift Hannover, der die bisherigen Überlegungen der Arbeitsgruppe nicht nur mit den Positionen kirchlicher Vertreter*innen aus verschiedenen Arbeitsbereichen, sondern auch mit den Erfahrungen von Vertreter*innen aus verschiedenen Bereichen des zivilgesellschaftlichen Engagements außerhalb unserer Kirche abgleichen sollte.
Gerade die beiden Fachtagungen haben gezeigt, dass ein Ehrenamtsgesetz für eine Kirche, die sich in einem sich beschleunigenden Transformationsprozess befindet, weitere Herausforderungen berücksichtigen muss:
- Die Vielfalt der Formen, in denen Menschen sich engagieren, wird nicht nur in unserer Kirche, sondern in der gesamten Zivilgesellschaft kontinuierlich größer. Die langfristige Bindung an ein Amt, das ehrenhalber wahrgenommen wird, wird seltener; stattdessen gewinnen neue, stärker projektbezogene und kürzerfristige Formen, die die Begabungen von Menschen aufnehmen und Raum für selbstbestimmtes Engagement eröffnen, zunehmend an Bedeutung.
- Die Konzepte der Kirchenkreise für den Planungszeitraum 2023 – 2028 zeigen die wachsende Bedeutung ehrenamtlichen Engagements in der Verkündigung, der Seelsorge und der Konfirmandenarbeit, also in Arbeitsfeldern, die bisher klassischerweise zu den pastoralen Aufgaben gehört haben. In diesen Arbeitsfeldern stellt sich die Frage nach angemessenen Standards der Qualifizierung und nach einer angemessenen Begleitung dieses Dienstes immer deutlicher.
- Ungeachtet der Verankerung im allgemeinen Priestertum aller Getauften wird es immer wichtiger, ehrenamtliches Engagement in der Kirche in Beziehung zum allgemeinen Kontext zivilgesellschaftlichen Engagements zu setzen, die Rahmenbedingungen des ehrenamtlichen Engagements in der Kirche entsprechend zu gestalten und die Zusammenarbeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen zu suchen. Das ist nicht zuletzt eine Konsequenz aus dem Öffentlichkeitsauftrag der Kirche, wie er in Artikel 5 Absatz 2 der Kirchenverfassung beschrieben wird, und aus einem daran anknüpfenden Verständnis als Kirche im Sozialraum mit einem Auftrag, der über den kirchlichen Binnenraum hinausgeht.
Der Gesetzentwurf spricht daher nicht mehr von einem ehrenamtlichen Dienst, sondern vom ehrenamtlichen Engagement in der Kirche.